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Sich einzureden, man kommt auch allein gut durchs Leben, ist ein Trugschluss

Wie viele von uns reden sich ein, ich komme schon klar. Ich bin stark und gehe meinen Weg. In jungen Jahren ist das durchaus umsetzbar. Ja, es kann sogar richtig cool sein. Frei und ungebunden, kannst Du auf der ganzen Welt zu Hause sein. Du kannst im Ausland studieren und arbeiten. Alles fühlt sich leicht und vor allem machbar an. Du brauchst niemanden und nichts. Zumindest macht es den Anschein. Es ist jedoch so, es wird jeder in seinem Leben mal an einen Punkt kommen, an dem er merkt, es geht alleine nicht. Der einzige Unterschied ist, den Einen trifft es vielleicht früher, den Anderen später. Aber am Ende des Tages ist jeder irgendwann mal auf die Hilfe von anderen angewiesen. Darüber kannst Du Dir Gewiss sein. Deshalb ist es so wichtig, Du hast ein soziales Netz. Helfen und sich helfen lassen, macht das Leben aller so viel einfacher und auch sicherer. Das gilt für jeden von uns, auch wenn wir uns gerne etwas anderes einreden. 

Unfälle, Lebenskrisen unerwartete Verluste können von heute auf morgen das eigene Leben auf den Kopf stellen. Es brauchen aber gar nicht die tragischen Schicksale sein, die einem bewusst machen, ich brauche jemanden. Was ist, wenn Du wie jeden Morgen zur Arbeit gehst und die Treppe, die Du schon 100 Male hoch und runtergelaufen bist, wird Dir zum Verhängnis? Du läufst die Treppe runter und kramst nebenbei in der Tasche. Du dachtest, Du bist längst unten angekommen und ehe Du nicht versiehst, bist Du gestürzt. Ein höllischer Schmerz, wie Du ihn bisher noch nie erlebt hast, durchströmt Deinen Körper. Du merkst, wie Dein Körper just in diesem Moment  Höchstleistung verbringt und Adrenalin durch Deine Adern und Angst durch Deinen Körper strömen lässt. Du stehst so unter Strom, dass Du das Gefühl hast, gerade das Bewusstsein zu verlieren, aber Du schaffst es im Hier und Jetzt zu bleiben. Und da ist er – dieser Moment, in dem Du merkst, Du bist an Deine Grenze gekommen. Du wünschst Dir, da wäre jemand, der Dir helfen könnte, aufzustehen. Aber Du bist es gewohnt, alleine aufzustehen, also schaffst Du auch das. Du hievst Dich irgendwie die Treppen hoch in den vierten Stock. Gott so dank, es kommt Dir sogar jemand entgegen. Bevor Du gefragt wirst, wirfst mit schmerzverzerrten Gesicht und Dich ans Geländer klammernd in den Raum, Du bist gerade die Treppe runter gestürzt. Allerdings bekommst Du nicht mehr Hilfe angeboten als ein „Mensch, mach doch sowas nicht.“ Vor Jahren hättest Du diesen Reaktion nicht einmal hinterfragt, aber seitdem Du auf Deinem Heilungsweg bist, bist Du auch für andere emphatischer geworden. Es hat Dich überrascht, dass das Pärchen einfach so an Dir vorbei marschiert ist. Du weisst mittlerweile auch, seitdem Du andere direkt fragst, ob Du ihnen helfen kannst, sagen die Meisten zögerlich ja, aber sie sagen ja. Und ja, hätten Dir Deine Nachbarn Hilfe angeboten, hättest Du diese sehr wahrscheinlich angenommen. Aber Du bist stark. So schlimm wird es nicht sein. Das denkst Du zumindest bis Du durch Deine Haustür bist und erstmal im Flur liegst, wo Dir Deine Hündin sofort helfen möchte, es aber offensichtlich nicht kann. Und da ist sie wieder, die Sehnsucht nach Hilfe eines anderen Menschen. Du fängst an zu weinen, weil Du gerade nicht weisst, wie Du Dir anders helfen kannst.

Wenn Menschen in Lebenskrisen geraten und sich professionelle Hilfe suchen, geben Psychologen und Therapeuten immer wieder den Rat, sich ein soziales Netzwerk zu aufzubauen. Wir Menschen sind soziale Wesen. Wir brauchen einander. Das ist unsere Natur. Wir sind in der Gemeinschaft immer stärker als allein und das wird auch immer so bleiben. Zum Glück hast Du das bereits während einer anderen Lebenskrise mehr als verinnerlicht. Es war ein unglaublich beruhigendes Gefühl dann zu wissen, wenn Du alles anrufen kannst, um Dir sofort oder zeitnah zu helfen. Schlicht formuliert, kann man sagen, Dein soziales Netz greift.

Helfen und sich helfen lassen.

Du wirst wohl nicht so schnell vergessen, wie Du bei der Notfallbehandlung warst und schon mit dem schlimmsten, einer Fraktur im Sprunggelenkt gerechnet hast, als dein bester Freund durch die Praxistür kommt und Du erstmal in Tränen ausbrichst vor lauter Schmerz und Verzweiflung. Es ist ein umglaublich warmes Gefühl, wenn man weiss, ich muss es gar nicht allein schaffen. Ich muss nicht den schwersten Weg alleine gehen. Es tut unglaublich gut, wenn man Trost bekommt, wenn man am Boden zerstört ist. Du bist auch dankbar dafür, eine Familie zu haben, in deren Nähe Du nun wohnst, die Dir hilft. Nur auf Krücken laufen zu können, im vierten Stock in der Stadt zu wohnen und eine Hündin zu haben harmonieren nicht besonders gut. Deshalb weisst Du es sehr zu schätzen, gerade bei Deiner Mutter auf dem Land zu sein. Hier machst du einfach die Haustür auf und Deine Hündin steht im Garten. Auch Dein Fuss hat die Möglichkeit sich hier besser zu erholen, weil Du nicht jeden Gang selbst machen musst, sondern Dir Sachen abgenommen werden.

All das zeigt Dir, Du bist auf einem guten Weg. Du bist nicht mehr die Weltenbummlerin, die denkt, sie sei stark und unabhängig. Du weisst mittlerweile, auch Du bist verletzlich. Es ist immer nur eine Frage der Zeit, wann es einen selbst mal trifft. Du bist im Leben mehr angekommen. Du gehst mit offeneren Augen durchs Leben. Du hilfst und lässt Dir auch helfen. Du bist zwar noch lange nicht da, wo Du schlussendlich ankommen möchtest, aber Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Und wie sagt man so schön, der Weg ist das Ziel. Du hast aber verstanden, gemeinsam kommt man leichter durchs Leben.

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