Depression,  Depression verstehen,  Umgang mit Depression als Betroffener

Was hilft mir, wenn es wieder „dunkler“ wird?

Auch wenn ich mit meiner Depression schon viel besser als noch vor Monaten umgehen kann, holt sie mich regelmäßig immer wieder ein. Aber was hilft mir, wenn alles wieder dunkler wird?

Der wichtigste Schritt überhaupt ist zu erkennen, die Depression verstärkt sich und es so anzunehmen. Das hört sich leicht an, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es manchmal ist, genau das zu erkennen. Ich rutsche z.B. sehr oft in das Muster, dass ich sehr hart zu mir werde. Ich kann es oft schwer einsehen, ich kann wieder nicht so, wie ich will. Ich rede mir förmlich ein, mich „gefälligst zusammen zu reißen“ und mache meist weiter wie bisher oder noch kurioser – ich mache anstatt weniger noch mehr!

Wenn ich mir eingestanden habe, mir geht es wieder schlechter und ich kann jetzt eben nicht so, wie ich möchte, dann versuche ich nach Innen zu schauen. Mittlerweile habe ich begriffen, wenn sich meine Depression zeigt, habe ich wieder sehr viele Gefühle unterdrückt. In meinem Innenleben hat sich alles so angestaut, dass sich das Leben wie Tonnen von Steinen auf meinen Schultern anfühlt und nach Innen kollabiert alles. In solchen Phasen kommt meine „Zauberübung“ ins Spiel. Ich nenne sie für mich eigentlich immer meine „Gefühlsübung“, aber sie hat für mich auch etwas Magisches, da sie total simpel ist aber oft mit enormer Wirkung. 

Ich setzte mich in meine Meditationsecke und versuche mich an die Momente in den letzten Tagen zu erinnern, in denen ich einen Hauch von Emotionen bei mir gemerkt habe. Also z.B. die eine Sekunde, bei der ich gedachte habe, da kommen Tränen, aber sie kamen nie. Oder eine Situation, in der ich in mir etwas anderes „Komisches“ gemerkt habe und es abgetan habe. Falls mir nichts einfällt, überlege ich mit meinem Verstand, welche Geschehnisse in den letzten Tagen müssten emotional etwas mit mir gemacht haben. Wenn das auch nicht hilft, höre ich einen Song, der mich emotional berührt und tauche in meine Emotionen ein. Merke ich wieder die eine Träne, die sich sofort wieder versteckt, gehe ich weiter rein und erlaube mir zur weinen. Meist folgt dann ganz zu meiner Überraschung ein ganzes Tränenmeer. Tränen über Tränen und manchmal tut es sogar richtig weh. Meistens habe ich dann den Aha- Moment – krass, das hast du wieder alles unterdrückt??!! Ich bin tatsächlich immer noch überrascht, wieviel in solchen Momenten hochkommt und wieviel ein Mensch weinen kann. Was mich auch immer wieder fasziniert – der Spruch „Gefühle wollen gefühlt werden und sie kommen und gehen“, spüre ich am eigenen Körper. Den einen Moment schmerzt es so sehr, das ich denke, es ist für immer …und dann geht es worüber. 

Meditationsecke

Natürlich geht es mir nach der Übung nicht von jetzt auf gleich wieder richtig gut, aber ich merke definitiv, wie es in mir wieder etwas heller wird. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort „Tränen sind das heilendste Wasser“. Und ja, so fühlt es sich für jemanden an, der erst im Erwachsenenalter lernt, einen Zugang zu seinen Gefühlen zu bekommen. Für mich ist das alles Neuland, so unglaubwürdig es sich auch anhören mag. Diese „simple“ Übung für mich zu entdecken, war im übrigen ein sehr langer Prozess mit viel professioneller Unterstützung.

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