Warum wir Natürlichkeit feiern sollten.

Warum wir Natürlichkeit feiern sollten. Warum neigen wir Frauen dazu, uns aufzuhübschen? Warum tragen wir unbequeme Bügel-BH’s, figurbetonte Kleidung und Schuhe, die unsere Füße deformieren, schmieren uns Pasten und Farben ins Gesicht und sprühen uns mit Parfüm ein? Warum ist es angesehener schlank/dünn und fit zu sein als wohl genährt, kräftig und fit? Warum finden sich viele Frauen schöner mit all diesen Dingen? Sind wir natürlich nicht schön? Sind wir nicht schön genug, wenn wir einfach sind, wie wir wirklich sind?

Wenn man es ganz nüchtern betrachtet, wenn eine Frau all diese Sachen nutzt, schafft sie ein andere Version von sich selbst. Sie kaschiert ihre Makel und Fehler, um attraktiver zu wirken und / oder sich in ihr selbst besser zu fühlen. Sie betont, was sie an sich mag. Das alltägliche Leben ist wie eine Theaterinszinierung geworden, für die man sich entsprechend schminkt und kleidet, wobei Kleidung nun auch als Statussymbol gesehen werden kann. Man möchte ein bestimmtes Bild von sich vermitteln und vor allem gemocht und geliebt werden. Die einzelne Akteurin nimmt das allerdings oft nicht mehr wahr. Wie auch, wenn man in eine Gesellschaft geboren ist, in der es der Standard ist, man geht als eine Art Inszenierung auf die Strasse. Wir haben von klein auf gelernt mit Hilfe unserer Kleidung, Make-Up und Accessoires ein bestimmtes Bild von uns zu vermitteln.

Mittlerweile ist unsere Gesellschaft sogar noch weiter oder provokativer ausgedrückt – noch kaputter geworden. Für die Selbstinszinierung greift man nun nicht mehr nur zu Make-up, bestimmter Kleidung, Diäten oder was der modernen Frau sonst noch alles einfällt. Wie auch, wenn die Schönheitsideale mitunter durch Fotobearbeitung und Filter geprägt werden, die nichts mehr mit der Realität zu tun haben, aber uns vorgaukeln alles ist „natürlich“. Die Wahrheit ist, durch die Digitalisierung unser Welt wird es zunehmend schwerer zu erkennen, was ist Realität und was hat überhaupt nichts mehr mit der Realität zu tun? Wie viele junge Menschen legen sich bereits unter das Messer? Wie viele Brüste wurden wegen Schönheitsidealen vergrößert oder verkleinert? Wie viele Lippen wurden aufgespritzt? Wie viele Nasen wurde neu gerichtet, in dem Glauben dann ist alles besser? Wie viele Mädchen denken, ihr Körper ist nicht schön genug und entwickeln Essstörungen oder andere psychische Erkrankungen?

Wir sollten mehr Natürlichkeit in allen Hinsichten leben, auch weil wir Verantwortung für jüngere Generationen tragen. Kinder lernen durch Nachahmung, weshalb es viel wichtiger ist, was wir ihnen vorleben, als das was wir ihnen erzählen. Wir können ihnen 100x sagen, ihr Körper ist genau richtig, wie er ist und es wird nicht viel Wirkung haben, wenn die Mutter z.B. meint, sie fühlt sich besser, wenn ihre Brüste wieder so aussehen, wie vor der Geburt oder der Vater mehrmals die Woche Ausdauersport betreibt und meint, er braucht das, um sich abreagieren zu können und gleichzeitig seinen Körper damit bis an die Belastungsgrenze bringt. Die Beispiele können provokativ wirken, machen aber deutlich, wir sollten uns nicht nur fragen, womit wir uns besser/ hübscher und toller fühlen, sondern welches Bild vermitteln wir unseren Kindern oder jeglichen jüngeren Generationen damit.  Es geht tatsächlich nicht immer nur um uns, was viele zu vergessen scheinen in einer zunehmend narzisstischen Gesellschaft. Ich, ich und nochmals ich – wir treiben Selbstverwirklichung der maslowischen Pyramide auf den Gipfel.

Wir sind alle in irgendeiner Hinsicht ein Produkt des Lebens und der Gesellschaft, in die wir hineingeboren sind. Wir alle haben unsere Konditionierungen. Als Erwachsene ist es unsere Aufgabe, all das wie Erwachsene und nicht wie Kleinkinder zu reflektieren und zu überlegen, ob wir das Gelernte einfach übernehmen oder es anders, besser machen wollen. Letztendlich fängt es bei jedem von uns im Kleinen an. Zu der Person zu stehen, die man wirklich ist und so in die Welt zu gehen, kann in Zeiten wie diesen unglaublich schwer sein. Es ist Arbeit an sich selbst, sein Idealgewicht loszulassen. Es braucht für viele ein gesundes Selbstwertgefühl komplett ungeschminkt vor die Tür zu gehen, die figurbetonte Jeans in eine mega Bequeme und für uns mittlerweile „normale“ Schuhe in solche zu tauschen, die den eigenen Fuß viel größer aussehen lassen, aber den Zehen den Platz geben, die sie brauchen. 

Es wird Zeit, wir feiern Natürlichkeit. Es wird Zeit, dass wir gesunde, kräftige, fitte Körper feiern, die nichts so schnell aus der Bahn wirft. Es wird Zeit, dass wir zeigen, wer wir wirklich sind und wie wir wirklich „aussehen“, damit jüngere Generationen kein verzerrtes Bild der „Realität“ haben. Es sollte extrem cool sein, Schuhe zu tragen, die die natürliche Bewegung des Fusses unterstützen und nicht einschränken. Es sollte extrem cool sein, wenn wir uns hauptsächlich über unser Inneres definieren und wir dazu keine Kleidung oder sonstiges Statussymbol dieser Welt brauchen. Diese Dinge machen uns nicht aus, aber wenn wir nicht aufpassen, machen sie uns kaputt. Wir sollten auch erkennen, je mehr sich ein Mensch auf irgendeine Weise inszeniert, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dieser versucht alte Wunden zu kompensieren. Wir sollten emphatisch sein und uns gegenseitig Hilfe anbieten und nicht so tun, als sei alles in Ordnung. Es ist überhaupt nichts in Ordnung.

Wir müssen genau hinschauen und nicht wegschauen. Wir sollten alles dafür tun, eine Welt für alle nachkommenden Generationen zu hinterlassen, auf die wir aus ganzem Herzen Stolz sind. Wir müssen falsche Schönheitsideale und auch Werte loslassen – unseren Kindern zu liebe.